Sebastian Hempel: „Schilfrohre“

4. November 2019 Aus Von Wolfgang Streblow

Unweit von „Arche“ und „Undine“ wurde in den vergangenen Tagen ein weiterer, von vielen Seiten gut einsehbarer poetischer Raum geschaffen, der die bisherigen Positionen der Lichtpromenade perfekt ergänzt. Das Kunstwerk „Schilfrohre“ von Sebastian Hempel formuliert eine weitere Einladung an Passanten und Besucher, sich an der einzigartigen Lippstädter Auenlandschaft inmitten der Stadt zu erfreuen, ergänzt und bereichert mit den Mitteln aktueller (Licht-)Kunst.

„Wo Wasser ist, da ist auch Schilf zu finden. Obwohl die schwimmende
Skulptur eher im abstrahierte Sinn an Schilf erinnert, ist die filigrane
Raumbewegung der Stäbe ähnlich hypnotisch wie eine vom Wind bewegte
Schilfrohrböschung. (…) Verstärkt wird diese Wirkung durch das Eigenleuchten der Stäbe, die durch die Reflexion im Wasser doppelt so groß erscheinen.“

Die Lichtpromenade Lippstadt widmet sich seit 2004 thematisch in vielen Facetten der Verbindung von Licht und Wasser (Lichtkunst und Lippe), ausgehend vom Lippstädter Leitbild „Licht – Wasser – Leben“. Jede der mittlerweile 14 dauerhaft eingerichteten Installation zeigt Aspekte des
Themas auf, sei es als archetypisches Floß mit Neonzeichen (Arche, 2003), als unwirklich leuchtender Bootssteg (Milky Way, 2006), als neongrün leuchtender Wasserstrudel bzw. -wirbel (Undine, 2005), als Anrufung des Flusses als Totenfluss (Hel, 2017), als leuchtende Wolke (Cumulus, 2008) usw. Sebastian Hempels „Schilfrohre“ entstanden erstmals 2016 als temporäre Installation für das Lichtkunstfestival „Aufstiege“. Die Gruppe im Wasser
schwankender Leuchtstäbe hatte ihren Ort in der Murr in Backnang (s. Fotos). In der Verbindung von aktueller Lichttechnik mit dem Element Wasser stellt die neue, auf Dauer angelegte Weiterentwicklung der „Schilfrohre“ für die Lichtpromenade Lippstadt einen ausgesprochenen Glücksfall dar. Mit heutiger künstlerischer Formensprache setzt Hempel sich mit dem Themenschwerpunkt (Licht – Wasser) auseinander und entwickelt dabei eine gleichzeitig abstrakte wie naturnahe Arbeit. Das uralte künstlerische Prinzip der Mimesis, der Nachahmung der Natur, wird unter offensiver Verwendung technischer Materialien angedeutet. Das Ergebnis ist gerade in seiner Einfachheit faszinierend, die „Schilfrohre“ ziehen – ganz wie ihr Vorbild in der Natur – den Betrachter mit ihrer poetischen, ja „magischen“ (Hempel) Bewegung in ihren Bann.

Dirk Raulf, Kurator