Leben am Limit – von Baummoosen und Flechten

Leben am Limit – von Baummoosen und Flechten

14. Juli 2021 Aus Von Wolfgang Streblow

Nach einem Frühjahrssturm, bei dem die Bäume kräftig durchgeschüttelt wurden, bin ich einen Pfad durch die Kernzone des NSG-Zachariassee gegangen, um zu sehen, was der Sturm angerichtet hatte (wir sind mit der Betreuung des Gebietes beauftragt). Die alte Wegetrasse ist für die Öffentlichkeit gesperrt und nur deshalb werden die alten Eichen am Wegrand nicht gepflegt, die sog. „Verkehrssicherungspflicht“ ist hier zum Glück nicht erforderlich. Es gibt deshalb jede Menge Totoholz in den Kronen. Und so liegt nach einem solchen Sturm immer auch der eine oder andere Ast am Boden. Beim Betrachten eines solchen Astes machte mich der Bewuchs auf der Oberseite neugierig.


Ein einzigartiges Biotop im Miniformat überzog die alte Rinde, ein dichter Wald aus Moosen, von farbige Flechten durchwachsen. Das fand sofort meine volle Aufmerksamkeit. Es gab da oben in den Bäumen einen merkwürdigen Lebensraum, von dem wir hier unten nichts mitbekamen. Die Idee für einen neuen Naturfilm war entstanden.
Ich bin kein Moos- und Flechtenexperte, aber je mehr ich mich damit befasste, so interessanter wurde die Geschichte. Es ist schon erstaunlich, unter welchen Bedingungen diese Lebensformen hier jahrzehntelang überdauern können: Kälte, Wind, monatelange Trockenheit, intensive Sonneneinstrahlung, dann wieder ein Schattendasein unter dem grünen Laubdach. Tatsächlich sind es auch nur wenig Arten, die hier miteinader konkurieren.


Die Videoaufnahmen in diesem Makro- und Mikrobiotop waren eine Herausforderung und so hat sich das ganze Projekt drei Jahre hingezogen, bis ich die Bilder zusammen hatte, die ich zeigen wollte. Am Ende war es dann so viel Material, dass es für zwei Videos reichte, eines über Flechten, ein weiteres über Baummoose. Das zweite ist in Arbeit.


Hier also ist jetzt Teil 1 über diese alltägliche, von Hausdächern und Mauern bekannte und doch außergewöhnliche Lebensform – den Flechten und ihrem „Leben am Limit“. Es gibt viel zu erzählen über die Flechten und Dagmar Weinert half, den Text einzusprechen. Die Musik ist vom Komponisten Lutz Gerlach.

Immer wieder gibt es im Naturschutzgebiet Zachariassee interessantes zu entdecken, diesmal geht es um Alltäglichkeiten, Lebensformen, die der schwedische Naturforscher Carl von Linné  1753  in einem seiner Werke als das „armseligste Bauernvolk“ der gesamten Vegetation bezeichnete.

Foto Peter Hoffmann: Baumflechten auf Eichenrinde,  zur Veröffentlichung in einem Bericht zu diesem Thema freigegeben.