Vor Kisker kommt jetzt Schulenburg

Vor Kisker kommt jetzt Schulenburg

8. September 2021 Aus Von Maja Krause

Recherchen führen zu ausgewandertem „Justizrath“ als erstem Ehrenbürger Lippstadts

Lippstadt. Wie facettenreich und spannend Heimat- und Geschichtsforschung sein kann, erlebte Bürgermeister Arne Moritz jetzt bei einem Treffen mit Dr. Eva-Maria Dahlkötter und Dr. Walter Leimeier sowie Stadtarchivarin Dr. Claudia Becker im Lippstädter Stadtarchiv. Der Grund für die Zusammenkunft: Ein gemeinsamer Blick in das Ehrenbuch der Stadt Lippstadt. Im Ehrenbuch sind alle Lippstädterinnen und Lippstädter verewigt, denen in der Vergangenheit das Ehrenbürgerrecht oder der Ehrenring der Stadt Lippstadt verliehen worden ist. Beginnend bei Kommerzienrat Alexander Kisker, der im Jahr 1899 das Ehrenbürgerrecht der Stadt erhielt, bis hin zu Hans Christoph Fennenkötter, Martin Schulz und Wilhelm Rienbniger, denen im Jahr 2016 jeweils der Ehrenring der Stadt Lippstadt verliehen wurde.

Seit ein paar Monaten gibt es allerdings einen Nachtrag im Ehrenbuch, denn durch Recherchen der beiden Stadtgeschichtsexperten Eva-Maria Dahlkötter und Walter Leimeier ist eine Person in den Fokus geraten, der das Ehrenbürgerrecht schon vor Alexander Kisker zugesprochen wurde: Justizrat Georg Albert Schulenburg. Bereits im Jahr 1879, am 17. Juni, hatten Magistrat und Stadtverordnetenversammlung den entsprechenden Beschluss gefasst: „Dem Herrn Justizrath Albert Schulenburg ist, in Anerkennung seiner Verdienste um die Förderung städtischer Intereßen, ins besondere in dankbarer Rückerinnerung an sein erfolgreiches Wirken für eine gedeihliche Regelung der staatsrechtlichen Verhältniße der Stadt Lippstadt durch Beschluß vom heutigen Tage das Ehrenbürgerrecht der Stadt Lippstadt verliehen u. zu Urkund dessen dieser Bürgerbrief ausgefertigt worden.“

Eine Ehrenbürgerschaft Schulenburgs hatte Dr. Eva-Maria Dahlkötter zwar bereits im Jahr 1994 in einem Beitrag in den Lippstädter Heimatblättern erwähnt und im Jahr 2007 war bereits ein Gesuch um Anerkennung der Ehrenbürgerschaft Schulenburgs erfolgt. Allerdings fehlten seinerzeit die Belege für einen entsprechenden Vorgang aus dem Jahr 1879. Mit seiner Arbeit für das 29. Heft der „Lippstädter Spuren“, das die Ehrenbürgerrechtsverleihungen der Stadt Lippstadt zum Thema haben soll, begab sich Dr. Walter Leimeier erneut auf die Spur Schulenburgs. Durch weitere Recherchen ließen sich sowohl die Anfrage des Magistrats an die Stadtverordnetenversammlung, der einstimmige Beschluss derselben sowie die Verkündung an den Ehrenbürger auffinden. „Zusätzlich findet sich die Erklärung noch im amtlichen Mitteilungsblatt des Kreises Lippstadt“, erklärt Walter Leimeier.

Und dennoch zeigte sich der Sachverhalt nicht so eindeutig wie erhofft, denn Schulenburg war in den 1860er Jahren vor dem Hintergrund eines privaten Konkurses nach Amerika ausgewandert. Laut preußischer Städte-Ordnung konnte das Ehrenbürgerrecht nur preußischen Staatsangehörigen verliehen werden. „Da dem Justizrat Schulenburg das Ehrenbürgerrecht erst nach seiner Auswanderung in die USA aus Anlass eines Heimatbesuches verliehen wurde, galt es zu prüfen, ob diese Verleihung rechtmäßig war“, erklärt Dr. Claudia Becker. Denn mit einer Auswanderung war der Verlust der bisherigen – eben hier der preußischen – Staatsangehörigkeit verbunden. Die Stadtarchivarin richtete dazu eine Anfrage an das Institut für Rechtsgeschichte an der Universität Münster, von wo es im März 2020 die entscheidende Rückmeldung gab: Bei der Ernennung handele es sich um einen formal korrekten Verwaltungsakt, der – wenn er nicht ausdrücklich zurückgenommen wurde – wirksam sei.

Dr. Walter Leimeier und Dr. Eva-Maria Dahlkötter (sitzend) präsentieren in Anwesenheit von Bürgermeister Arne Moritz und Stadtarchivarin Dr. Claudia Becker das Ehrenbuch der Stadt Lippstadt mit dem Eintrag für den ersten Ehrenbürger Lippstadts, Justizrat Georg Albert Schulenburg. Foto: Stadt Lippstadt

Dr. Eva-Maria Dahlkötter und Dr. Walter Leimeier freuen sich, dass die aufwändigen und langen Recherchen jetzt zu diesem für die Lippstädter Stadtgeschichte wichtigen Ergebnis geführt haben. Und auch Bürgermeister Moritz zeigt sich beeindruckt vom Forschergeist der beiden Lippstadt-Experten: „Nach allem, was Sie bislang schon im über viele Jahre im Rahmen der Lippstädter Heimatforschung ans Licht gebracht haben, ist dieser Sachverhalt sicherlich noch einmal ein ganz besonderer. Ich bin gespannt, welche interessanten Geschichten und Sachverhalte uns noch erwarten.“

Quelle: Pressemitteilung der Stadt Lippstadt