Artist in Residence
Das Programm fördert Künstlerinnen und Künstler, die sich anhand eines konkreten Projektes künstlerisch mit Lippstadt auseinandersetzen.
Scheibe & Güntzel – PRESERVED // Der Garten der Synagoge: Ein prozesshaftes Kunstprojekt in und um den Garten der alten Synagoge in Lippstadt 2024
„Der Garten hinter der ehemaligen Lippstädter Synagoge wird 2024 zum Sehnsuchts- und Zufluchtsort des Künstler*innen-Paares Scheibe & Güntzel. Er wird zur Bühne, zum Experimentier- und Recherchefeld. Der Garten wird zum Ausgangsort für gedankliche und künstlerische Experimente. […] Im Rahmen der STADTBESETZUNG des NRW Kultursekretariats Gütersloh wird der Garten der Synagoge zum Ausgangspunkt für künstlerische Streifzüge durch die Stadt. […]
In einer Recherchephase im Frühjahr 2024 beschäftigen sich Scheibe & Güntzel mit der Frage, ob es eine westfälisch-jüdische Gartenkultur gab. Was wurde in jüdischen Hausgärten angebaut? Gab es Unterschiede zur Kultur in Gärten von Christen? Gibt es Pflanzen, die in der jüdischen Liturgie eine Rolle spielen, und welche Pflanzen kommen im jüdischen Kalender und an den Festtagen vor? Geplant ist unter anderem ein Besuch der Gärten der Diaspora im Jüdischen Museum in Berlin und eine Recherche im Archiv für Alltagskultur des LWL. Als Nachschlagewerk dient „Die Flora der Juden“ von Immanuel Löw, als Inspiration „Ein Jüdischer Garten“ von Itamar Gov. […]
Aus der Recherche, den Handlungen und Beobachtungen entwickeln Scheibe & Güntzel eine Reihe von Performances und Aktionen, die die Synagoge und den Garten samt Gartenhaus sowie die Lippstädter Altstadt bespielen. Geplant sind etwa sieben Aktionen. […] die genaue Ausarbeitung der Performances und Aktionen findet erst im Prozess der Recherche und Auseinandersetzung vor Ort statt.“
Joko&Uthmann – Stromkästen
Joko&Uthmann gestalten Stromkästen in der Lippstädter Innenstadt.
Dirk Raulf – heimat.kunden
„heimat.kunden“ wurde 2019 für das Jahr 2020 in 2 großen Teilen konzipiert: zum einen als mehrteilige Installation für den Stadtbereich, zum anderen als große begleitende Veranstaltungsreihe. Die Installation „heimat.kunden“ wurde von Dirk Raulf über die Jahre 2020 - 2022 realisiert und stellt somit indirekt auch eine Dokumentation der Covid-Krise und ihrer Auswirkungen auf das städtische Leben dar. Die Website - ursprünglich nur als ein Baustein von mehreren angedacht - wurde
zur zentralen Anlaufstelle und Dokumentation des Projekts: heimat.kunden
Nicht nur organisatorisch, sondern auch inhaltlich schlugen sich die Auswirkungen der Corona-Krise nieder. Typische Klänge einer Stadt wie Lippstadt wie z. B. Schützenfeste, Chorproben, Gastronomie fielen 2020/21 aus oder fanden nur sehr eingeschränkt statt. Die Sammlung von Fotografien in Lippstadt dokumentiert z. T. eine Leere des städtischen Raums, die für 2020 kennzeichnend war. Das städtische Leben hatte sich zurückgezogen; das hat im Projekt überall Spuren hinterlassen. Notwendig wurde aber auch, die fotografischen Motive und Klänge hauptsächlich im Außenraum zu finden, ganz einfach deshalb, weil Innenräume entweder gar nicht oder nur eingeschränkt zur Verfügung standen.
Zwei Ereignisse, die sich im Laufe des Projekts ergaben, verdienen besondere Erwähnung:
1. Die Wiederentdeckung der ehemaligen Synagoge als Ort für Kunst und Kultur.
Im Rahmen von „heimat.kunden“ wurde nicht nur die Geschichte des Ortes noch einmal präsent. Es war möglich, die Synagoge komplett in Augenschein zu nehmen, und auf Initiative von Dirk Raulfs „heimat.kunden“ fand - in Zusammenarbeit mit dem Historiker Prof. Jürgen Overhoff, der Stadt Lippstadt, dem Stadtmuseum, der KWL, dem Stadtarchiv, dem Bauhof u. v. a. - am 20. September 2020 (also in der kurzen Phase zwischen Lockdowns) erstmals ein „Tag der Offenen Tür“ in der Synagoge statt mit Führungen, Vorträgen, Lesungen, Konzerten. Eine Sensation in Lippstadt. Die Strahlkraft dieser ersten Veranstaltung war so groß, dass auch 2021 Veranstaltungen in der Synagoge durchgeführt wurden und sich schließlich Anfang 2022 der „Kulturraum Synagoge Lippstadt e. V.“ gründete, mit zahlreichen, auch prominenten Mitgliedern und Unterstützern aus Lippstadt, aber auch bis Köln, Hamburg oder Berlin.
2. Die ursprünglich nicht geplante Ausstellung des Projekts 2021 in der Städtischen Galerie im Rathaus.
Aufgrund der Begeisterung für das Projekt, aber auch angesichts der eigenen eingeschränkten Ausstellungsmöglichkeiten unter Corona-Bedingungen erhielt Dirk Raulf das Angebot, „heimat.kunden“ in einer großen, multimedialen, repräsentativen Schau in der Städtischen Galerie im Rathaus zu präsentieren. Auf diese Weise wurde ein Weg gefunden, große Teile des Projekts in einer anderen Form als geplant der Öffentlichkeit zu präsentieren: Texte als Projektionen in Kombination mit Lippe-Videos, Fotosammlungen als Dia-Shows und sogar als Deckengestaltung der Räume in Form von Lichtfolien, das Lippstädter Klang-Archiv als Klanginstallation in allen Räumen, die „Heimat-Bibliothek“ in Präsenz und sogar eine Reihe von „physischen“ Fundstücken in Vitrinen, darunter z. B. Teile eines alten Fahrrads der Marke „Vaterland“, eine verwitterte Grabharke vom jüdischen Friedhof, Gegenstände aus dem Lippstädter Sperrmüll und Hinterlassenschaften aus einem Abbruchhaus.
Den Abschluss des Projekts "heimat.kunden" bildete das Lichtkunstwerk „headlight“, ein aus der maritimen Technik stammender Suchscheinwerfer, der wie zufällig über die Wasserfläche streicht, überraschende, oft mehrfache Reflexionen hervorruft und Assoziationen entstehen lässt von Verfolgen, Suchen, Kontrollieren, Aufspüren, Erleuchten, Durchdringen, Markieren.