Kulturgeschichte
Auf dieser Seite erhalten Sie Einblicke in wichtige Stationen der Lippstädter Kulturgeschichte von Stadtgründung bis hin zu aktuellen kulturellen Entwicklungen.
Interkultureller Austausch seit dem Mittelalter
An der Kreuzung mehrerer alter Handelswege wurde die Stadt Lippstadt um 1200 von Edelherr Bernhard II. zur Lippe gegründet. Bereits in der Gründungszeit unterhielten Lippstädter Bürgerinnen und Bürger durch ihre Zugehörigkeit zur mittelalterlichen Hanse weitreichende Handelsbeziehungen bis in das Baltikum, wodurch auch überregionale kulturelle Impulse die Stadt erreichten. Bis heute ist die Hanse eines der weltweit größten, aktiven Netzwerke zwischen Städten, die in der Geschichte zum Bund der Kaufmannstädte gehörten und sich dem Kultur- und Traditionsaustausch verschrieben haben.
Buchdruck zur Zeit der Reformation
In der Reformationszeit war Lippstadt einer der ersten Druckerei-Standorte in Westfalen. Die Augustiner-Eremiten, denen Martin Luther angehörte, unterhielten neben der Brüderkirche ein Kloster (heute steht hier die Schule im Grünen Winkel). Der Lippstädter Mönch, Johannes Westermann, der bei Luther in Wittenberg studiert hatte, kehrte 1523 hierhin zurück und hielt in Lippstadt die womöglich erste reformatorische Predigt in Westfalen. Westermann hatte so großen Zulauf, dass er von der Brüderkirche in die größere Marienkirche ausweichen musste und die von ihm gehaltenen Fastenpredigten, der „Lippstädter Katechismus“, 1524 als Buch gedruckt wurden.
Aufbruch in die Moderne
Das Palais Rose wurde 1929 erstmals öffentlich zugänglich. Zunächst fungierte es als „Kreisheimatmuseum“ des Altkreises Lippstadt. Seinen Namen verdankt das Patrizierhaus dem Justizrat Johann Conrad Rose (1716-1799), der das Haus 1770 zu einem prachtvollen Rokoko-Palais ausbauen ließ. Es ist belegt, dass der heutige, als „Kanonensaal“ bezeichnete zentrale Raum für den Gottesdienst der Reformierten in der lutherisch geprägten Stadt genutzt wurde. Das Museumsgebäude vermittelt eindrücklich die Alltagswelt der Spätmoderne sowie den bürgerlich geprägten und durch die europäische Aufklärung angestoßenen „Aufbruch in die Moderne“. An dessen Ende steht mit dem Bau eines Anschlusses an die Eisenbahnlinie auch der Beginn der Industrialisierung in Lippstadt.
Der erste Autoscheinwerfer
Infolge zunehmender Infrastrukturmaßnahmen siedelten sich ab Mitte des 19. Jahrhunderts größere Industrieunternehmen in Lippstadt an. 1895 errichtete Sally Windmüller, Sohn eines Lippstädter Unternehmers, in der Hospitalstraße eine Lampenfabrik, die zunächst Laternen für Kutschen und Fahrräder produzierte. Schnell erkannte Windmüller aber die Zeichen der Zeit und entwickelte 1908 ein neues Produkt für das aufkommende Automobil: Den ersten Azetylen-Scheinwerfer, den er zu Ehren seiner Ehefrau, Helene Windmüller, „System Hella“ nannte. Der Name „Hella“ wurde dann später auf die gesamte Firma übertragen.
Bürgerschaftliches Engagement
Bereits seit dem 19. Jahrhundert haben Vereine für Musik und Theater, Bildende Kunst, Geschichte und Heimatkunde, Literatur sowie Fotografie und Film in der Stadt Veranstaltungen für die interessierte Öffentlichkeit organisiert. Da Lippstadt lange kein eigenes Theatergebäude besaß, fanden solche Veranstaltungen in größeren Sälen wie z.B. dem Kolpingsaal oder dem Alsensaal (in der Gaststätte Sommerkamp-Alsen) sowie in Kirchen beider Konfessionen statt. Bis heute prägen Privatpersonen, Gruppen und Vereine gemeinsam mit städtischen Einrichtungen das kulturelle Leben Lippstadts und profitieren hierbei von der Vielzahl an zur Verfügung stehenden Kultur-Räume.
Kulturorte
1973 wurde das Stadttheater, zunächst als Schulaula und bis heute ohne eigenes Ensemble, eröffnet. Auch andere städtische Einrichtungen erhielten in den vergangenen Jahrzehnten eigene Häuser. Hierzu zählen die Galerie im Rathaus, das Archiv, die Musikschule, die Volkshochschule und die Bücherei. Dank einer Kooperation zwischen Stadt, evangelischer Kirche und Sponsoren steht seit 2007 die Jakobikirche aus dem 13. Jahrhundert als multifunktionaler Veranstaltungs- und Kirchenraum zur Verfügung. Weitere Räume für die Bildende Kunst erhielten der „Kunstverein e.V.“ mit Malschule und der Verein „Kunst im Turm e.V.“. Diese Einrichtungen werden ergänzt durch eine Vielzahl kleinerer privater Galerien sowie durch Kunstateliers und Pop-Up-Galerien.
Kunst im Öffentlichen Raum
Der öffentliche Raum im Stadtgebiet und den Ortsteilen (hier im Besonderen Bad Waldliesborn) ist ein Kulturraum insbesondere für die Bildende Kunst. Besonders hervorzuheben ist hierbei die 2003 eröffnete und bisher 19 Exponate umfassende Lippstädter “Lichtpromenade”. Sie ist im Rahmen des Lichtkunst-Projekts „Hellweg – ein Lichtweg“ entstanden und entwickelte sich zu einem überregional wahrgenommenen Kunstraum. Die Stadt Lippstadt verfügt außerdem über ca. 400 Denkmäler, Baudenkmäler und Ausstattungsstücke aus der Zeit der Stadtgründung bis heute, wie zum Beispiel die bemalte Bohlendecke in der Thomas Valentin Stadtbücherei.
Musik
Eine Vielzahl von Vereinen, darunter Chöre, Orchestervereinigungen und Blasorchester sind mit reger Proben- und Konzerttätigkeit wichtige Bausteine in den Ortsteilen und im Kulturbetrieb der Stadt. Schon seit mehr als 100 Jahren engagiert sich der städtische Musikverein e.V. insbesondere für das klassische Konzertprogramm. Die Kirchen aller Konfessionen tragen ebenfalls mit Konzerten und Ausstellungen zum kulturellen Leben der Stadt bei. Zu den Vereinigungen mit zum Teil langer Tradition kommen immer wieder neue Initiativen hinzu, beispielhaft seien der Jazzclub, das Rathausplatzfestival „Radio Lippeland“ oder der “abseite e.V.” genannt.
Literatur und geschichtliche Aufarbeitung
Seit 1945 setzt sich der städtische Kunst- und Vortragsring für die geistige Erbauung der Nachkriegsgesellschaft ein. Unter der Leitung von Alfred Kornemann initiierte der Kunst- und Vortragsring 1990 das seither im zweijährigen Rhythmus stattfindende Wortfestival, in dessen Rahmen der einmalige Synchronsprecherpreis sowie der Thomas-Valentin-Literaturpreis verliehen werden. Die Thomas-Valentin-Gesellschaft setzte sich seinerzeit für den Erhalt und die Archivierung der Werke des bedeutenden Lippstädter Autors Thomas Valentin ein. Auch der Kulturraum Synagoge sowie der Heimatbund Lippstadt e.V. leisten in Form verschiedenster künstlerischer Formate wertvolle Arbeit zur Aufarbeitung der Stadtgeschichte.
Kulturelle Bildung
Des Weiteren haben alle allgemeinbildenden Schulen in den Schulalltag integrierte Kulturangebote. Eine Vielzahl von Kooperationsprojekten zwischen öffentlichen und privaten Institutionen und den Allgemeinbildenden Schulen – beispielshaft seien die Verlegung von STOLPERSTEINEN, Orchesterklassen, „JEKITS“ und das Kooperationsprojekt „Kulturstrolche“ benannt – sind Bausteine vernetzter kultureller Bildung. Auch in Zusammenarbeit mit dem Jugend- und Familienbüro werden Kulturangebote entwickelt: Insbesondere der Kulturrucksack ermöglicht Kindern und Jugendlichen eine Teilhabe am kulturellen und künstlerischen Leben.
Kultur- und Kreativwirtschaft
Seit einiger Zeit spielt auch die Berücksichtigung der Kultur- und Kreativwirtschaft im kulturellen Leben der Stadt eine immer tragendere Rolle. In Lippstadt und seinen Ortsteilen wohnen professionelle Musikerinnen und Musiker, Komponistinnen und Komponisten, Autorinnen und Autoren, bildende Künstlerinnen und Künstler sowie Schauspielerinnen und Schauspieler. Es gibt Tanz- und Ballettschulen. In der Stadt sind Kunst-, Musik- und Instrumentenhandel sowie zahlreiche Architektur- und Designbüros ansässig. Garten- und Landschaftsbauer haben örtliche Betriebe. Kinos locken mit einem attraktiven Programm. Zeitungs- und Zeitschriftenverlage, Druckereien sowie Softwarehäuser und der Buchhandel sind ansässig. Mehrere Tonstudios stehen Lippstädter Musikerinnen und Musikern zur Verfügung und produzieren vor Ort.
Alle Benannten tragen nachhaltig zum kulturellen Profil sowie zur Lebensqualität und urbanen Atmosphäre unserer Hansestadt bei.