Herrscht Gleichstellung in der Kunst- und Kulturwirtschaft?

13. Juli 2016 Aus Von Wolfgang Streblow

Mit dieser Frage und vielen weiteren themenbezogenen Fragen beschäftigt sich die Ausgabe 4/16 der Zeitung „Politik und Kultur“, welche alle zwei Monate als Zeitung des Deutschen Kulturrates herausgegeben wird.

„Im Hinblick auf die Gleichberechtigung von Frauen und Männern machen Kunst und Kultur ihrem Ruf und ihrem Selbstverständnis als gesellschaftliche Avantgarde leider bis heute keine Ehre.“,

formuliert Monika Gütters, Kulturstaatsministerin, ihre Beurteilung der Frage, ob Frau und Mann in Kunst und Kultur gleichgestellt seien. Gründe sieht sie darin, dass den Frauen über Jahrhunderte alle künstlerischen Fähigkeiten abgesprochen worden seien – Frauen seien eben lediglich Hauhälterinnen und Erzieherinnen gewesen.
Sie beruft sich in ihren Ausführungen auf die Studie „Frauen in Kultur und Medien“, bei der sich sehr große Ungleichheiten zwischen Mann und Frau ergeben hatten. Die Studie zeigt unter anderem auf, dass nur etwa 15% aller ausgestellten Kunstwerke in deutschen Kunstmuseen von Frauen stammten und 85 % der Kino- und Fernsehfilme von Männern inszeniert würden, obwohl fast die Hälfte aller Absolventen einer Regisseursausbildung weiblich seien. 73% aller Kulturorchesterbeschäftigten seien männlich, obwohl etwas mehr als die Hälfte der Orchestermusikabsolventen weiblich sei.
Zwar gäbe es nach Artikel 3 des deutschen Grundgesetzes vorgeschriebene Gleichstellung, doch dem würde man hier keinesfalls gerecht. Rollenstereotype und Probleme bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie würden eine Veränderung der Gleichstellungssituation bis heute erschweren oder sogar unmöglich machen, sagt Monika Gütters.

„Mit Genugtuung dürfen wir Frauen in diesem Zusammenhang durchaus darauf verweisen, dass die Werke so mancher einst hoch bezahlter Künstler heute in den Depots verstauben, während damals unter Wert gehandelte Künstlerinnen heute berühmt sind und hohe Preise erzielen.“

Als Beispiel nennt Gütters den Künstler Anton von Werner, welcher 1904 als Akademiedirektor in Berlin 200 Frauen den Zugang zur Akademie verweigert hätte, aus Überzeugung, dass diese nicht malen könnten. Eine der abgewiesenen Frauen sei Käthe Kollwitz gewesen, welche Anton von Werner aus heutiger Sicht sowohl in ihrer Rolle in der Kunstgeschichte als auch im Marktwert ihrer Werke vollends in den Schatten stelle.

„Ein kleines Aquarell von ihr kostet mittlerweile zehnmal so viel wie ein großformatiges Ölbild von ihm.“

Gütters betont aber auch, dass diese Gerechtigkeit vermutlich eine Ausnahme bliebe, es aber sehr wohl zeige, was in einer Gesellschaft, in der Frauen weniger Chancen als Männer hätten, verloren gehe. Mit einem Zitat Kurt Tucholskys beendet sie ihren Artikel:

„Es gibt für eine Kulturnation keinen Erfolg ohne Frauen.“

Unter Überschriften wie „Patriarchale Strukturen im Kulturbereich, gibt’s die noch?“, „Zahlen – Daten – Fakten – Ausgewählte Ergebnisse zu Frauen in Kultur und Medien“, „Von Normalität noch weit entfernt – Bestandsaufnahme Chancengleichheit“, „Same same but different“ beschäftigen sich auch andere Autoren in dieser Ausgabe der „Politik und Kultur“ mit den Rollen von Mann und Frau in der Kunst- und Kulturwirtschaft.